Seit nunmehr sechs Jahren gibt es die Apfeltalk LIVE! Sendung. Aus den früheren aufgezeichneten Apfelshows hervorgegangen ist es inzwischen ein Format, das durch die Live-Ausstrahlung eine andere Möglichkeit der Interaktion mit den Usern bietet. Thematisch geht es dabei immer irgendwie um Apple. Abschweifungen sowohl während einzelner Sendungen, als auch thematisch für ganze Shows sind immer mal wieder möglich. Dieser Text soll ein wenig über die Arbeit hinter den Kulissen der Sendung und wie es überhaupt dazu kam berichten.
Als vor sechs Jahren im Jahre 2012 das iPhone 5 das Licht der Welt erblickte und auf einer Keynote von Tim Cook der Weltöffentlichkeit präsentiert wurde, gab es in der Redaktion die Idee, diese Veranstaltung mit einem Livestream zu begleiten. Was sich einfach sagt, stellte sich bei genauerer Betrachtung als ein großes Problem heraus.
2012 waren Livestreams für kleines Geld oder gar umsonst nicht einfach zu haben. Klar gab es Anbieter wie UStream oder Twitch, die gerade damit angefangen hatten, Streams im Netz zu verbreiten. Auch bei Amazon war eine solche Infrastruktur buchbar. Da wir aber gar nicht wussten, was uns erwartet und wir auch keine technischen Mittel zur Verfügung hatten, kam das alles nicht in Frage. Außerdem war unser Budget nicht geeignet für eine werbefreie Aussendung über einen dieser Anbieter und werbefrei wollten wir auf jeden Fall sein.
Für den 12. September 2012 war eine Apple-Keynote angesetzt. Apfeltalk wollte dazu – wie in den Jahren zuvor auch – auf der Webseite einen Live-Text-Ticker veranstalten. Als Idee kam dann halt noch der Livestream dazu, der – nach einigem hin und her – über einen Google Hangout On Air stattfinden sollte. Google hatte wenige Wochen zuvor diese Möglichkeit des Livestreamens mit mehreren Gästen in Deutschland freigegeben.
Webcam und über 30.000 Zuschauer
Ausgerüstet mit einer Logitech Webcam und einem USB-Mikrofon nahmen Jesper und ich auf dem Sofa Platz und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Und es kam dick. Kurz nach Beginn der Keynote meldete sich Gerd (der Apfeltalk-Gründer und Serveradmin) und teilte uns mit, dass die Server mit dem Liveticker aufgrund der hohen Zugriffszahlen zusammengebrochen seien und nur noch der Google Hangout liefe auf den er die Domain Apfeltalk.de nun umgeleitet hätte. Wir seien nun gefordert!
Der ursprüngliche Plan für den Livestream war eigentlich, zusammen mit dem damaligen Chefredakteur Christian Blum, nur ein wenig über das Geschehen in Kalifornien bei Apple zu plaudern. Die harten Fakten sollten im Liveticker stehen. Der war aber ja nun nicht mehr da. Das heißt, mit einem Mal waren wir für die korrekten und aktuellen Inhalte zuständig und wenig vorbereitet wie wir waren, war es nur dem Umstand zu verdanken, dass Christian gut im Thema drin war, dass wir nicht völligen Unsinn erzählt haben.
Nun gut, die Show lief und wir hatten nur eine Kamera. Dafür aber über 30.000 Zuschauer in ganz Europa. Damit hatten wir nun wahrlich nicht gerechnet. Offensichtlich haben wir mit diesem Angebot einen Bedarf gedeckt. Apple hat zu dieser Zeit seine Keynotes nämlich noch nicht selber im Netz gestreamt.
Sendungen zu Keynotes
Angespornt durch die vielen E-Mails und Kommentare waren wir Feuer und Flamme, künftig jede Keynote mit einer solchen Liveshow zu begleiten. Als Plattform hatten wir zunächst Google Hangout On Air für uns entdeckt. Bot dieses System doch werbefreie Livestreams und machte auch bei sehr großen Zuschauerzahlen keine Probleme. Blieben nur noch der Ton und das Bild. Beides war zunächst nicht in HD und eher für eine Video-Konferenz optimiert, als für eine Sendung. Daran musste dringend gearbeitet werden. Außerdem wollten wir uns nicht mit nur einer Kameraperspektive zufriedengeben.
Also wurden zwei weitere Webcams des gleichen Typs angeschafft. Es blieb allerdings die Frage, wie man diese wohl umschalten kann. Denn einen Bildmischer oder eine Software, die eine ähnliche Funktion abbildet, haben wir nicht besessen und ein Profi-Gerät kam nicht in Frage. Die Lösung dieses Problems war ebenso abenteuerlich wie genial.
Für den 23. Oktober 2012 hatte Apple eine weitere so genannte Keynote angesetzt und wir wollten also mit unserem neuen Equipment unbedingt wieder einen Stream veranstalten. Damit wir zwischen unseren Kameras umschalten konnten, haben wir diese als weitere Teilnehmer unseres Hangouts angemeldet. Damit waren die Kameras quasi Gäste unserer eigenen Sendung und wir konnten durch Mausklick auf das jeweilige Vorschaubild auf die entsprechende Kamera umschalten. Man sollte aber erwähnen, dass somit jede Kamera einen eigenen Videostream inklusive Upload erzeugte. Damit war die verfügbare Bandbreite des verwendeten Internetanschlusses schnell am Ende. Außerdem musste ja jede Webcam an einem eigenen Rechner betrieben werden. Der Aufwand war somit sehr groß.
Schnell wurde klar, dass wir das alles nicht mehr alleine bedienen können würden. Eine halbwegs sinnvolle Moderation und auch noch eine Bildregie gehen leider nicht zusammen. Daher waren wir froh, für die kommenden Sendungen Kerstin zu gewinnen, die seitdem fester Bestandteil des Teams ist.
Bessere Bildqualität
Je besser wir wurden um so mehr Stimmen gab es, die eine bessere Bildqualität forderten. Man muss dazu sagen, dass Google Hangout On Air zu der Zeit leider nur in sehr mäßiger Bildqualität verfügbar war. Da wir nicht auf eine Verbesserung seitens Google warten wollten, haben wir schnell angefangen neben die Webcams, die nach wie vor für die Liveübertragung zuständig waren, jeweils eine echte Video-Kamera zu stellen (und ein iPhone 4s). Diese Kameras (und das iPhone) haben die ganze Sendung mitgeschnitten und wir haben dann im Anschluss aus den drei HD-Mitschnitten ein Video gebaut, das wir dann zu Youtube hochgeladen haben.
Was sich so einfach liest, war ein erheblicher Aufwand, denn die drei Videos der drei Kameras mussten im Anschluss zusammengebracht werden (lippensynchron) und im Grunde der gesamte Bildschnitt wiederholt werden. Meistens war ich damit beschäftigt, nach der Sendung dieses Video zu erstellen. Vor zwei Uhr Nachts war ich selten damit fertig.
Diese zeitliche Belastung nach der Sendung und die Doppelarbeit waren einer der Gründe, die Sendezeit von 21 auf 19 Uhr vorzuverlegen. Aber auch der Wunsch nach einer direkten HD-Produktion wurde immer stärker. 2013 schließlich haben wir uns durch einen Zufall und durch viel Sucharbeit für einen echten Bildmischer der Firma Blackmagic Design entschieden. Dieses Gerät bot auf dem Papier alle Features, die wir benötigten.
Auch hier hat uns eine intensive Recherche im Netz weitergeholfen. Der Mischer alleine würde uns nichts nützen. Damit der Ton lippensynchron im Stream landet muss er verzögert werden. Der Mischer verarbeitet den Ton nämlich schneller als das Bild und wenn man den Ton nicht verzögern würde, wäre er immer zeitlich etwas vor dem Bild, was im Stream unschön aussehen würde. Also musste ein entsprechendes Audio-Verzögerungs-Gerät her.
Live abgemischt
Es folgten wochenlange Experimente mit diversen Anbietern für Livestreams. Der Mischer selber liefert nur ein (fertig abgemischtes) Video-Signal. Dieses muss aber ja irgendwie ins Internet. Also noch ein Gerät anschaffen: Einen Konverter von Video auf Thunderbolt. Damit landet das Video im Mac und – ebenfalls nach einiger Recherche – dann beim Anbieter Livestream.com. Diese Plattform bot für kleines Geld eine weltweite, werbefreie Verbreitung ohne irgendwelche Beschränkungen an. Ideal für uns.
Ab sofort konnten wir nicht nur mit vier Kameras und zwei Computern senden, sondern auch noch in HD. Toll! Die Vorteile für uns lagen auf der Hand. Die Sendung war bereits fertig abgemischt in HD und konnte als Mitschnitt praktisch sofort zu Youtube und in unseren neu geschaffenen Podcast-Channel hochgeladen werden. Damit war nicht nur für eine gute Qualität gesorgt, sondern auch für einen wesentlich früheren Feierabend für mich.
Mit diesem Equipment haben wir also zig Sendungen veranstaltet (ca. 60-70). Bis dann auch unsere Ansprüche an die Produktion stiegen. Da wir im Studio (meinem Büro) keinen Platz für Kameras und Kameraleute haben, sind alle Kameras an festen Positionen aufgestellt. Damit es aber dennoch ein wenig interessant ist, müssen mehr Kameras her. Der eingesetzte Bildmischer war aber mit seinen sechs Eingängen restlos ausgereizt.
Der tosende Mischer
Aus diesem Grund haben wir uns Anfang 2015 dazu entschieden, einen größeren Bildmischer, den Nachfolger, zu kaufen. Dieser bietet neben 10 Eingängen auch zahlreiche andere Funktionen, die unsere Produktion aufwerten sollen. Nachdem wir das fast 4.000 Euro teure Gerät persönlich aus Hamburg abgeholt haben, kam der Schock bei der ersten Inbetriebnahme. Das Gerät enthält sieben kleine Lüfter, die allesamt auf vollen Touren drehen. War der Vorgänger noch passiv gekühlt und somit lautlos, konnte man bei diesem Gerät sein eigenes Wort fast nicht mehr verstehen. Auch im Netz gab es zahlreiche Beschwerden von Veranstaltern, die sich mit einer völlig neuen akustischen Situation konfrontiert sahen.
Der Frust war zunächst groß, weil wir für diese Situation keine Lösung sahen. Den Mischer in einen anderen Raum zu bauen war bedingt durch die Platzknappheit nicht möglich. Es blieb also nur die Schallisolierung des Gerätes. Ein passendes Gehäuse war nach einiger Recherche im Netz bald gefunden. Nach einer großen Umbaupause im Sommer des Jahres 2016 – bei der auch die bei den Zuschauern so beliebte Regalwand abgebaut wurde – wurde der laute Mischer in einen Schrank verbannt und sein Lärm stellt nun kein Problem mehr dar.
Weil es seit Anfang 2016 auch möglich ist, bei Youtube live zu senden, haben wir uns für diese Möglichkeit entschieden. Die Plattform ist halt Standard für Videos und wir wollten den Zugang zu unseren Live-Sendungen so einfach wie möglich gestalten. Nachdem wir mit Youtube einigermaßen Erfahrungen sammeln konnten gibt es unsere Sendung inzwischen auch parallel auf Facebook. Damit können wir den Bedarf der stetig wachsenden Community besser decken. Nach wie vor kann man uns aber auch als normalen Audio- und Video-Podcast abonnieren.
Danke an Euch
Apfeltalk LIVE! ist seit der ersten Sendung stetig gewachsen und dank der professionellen Technik können wir jede Woche eine Show produzieren. Natürlich wäre das Ganze nicht denkbar ohne die vielen Zuschauer und Gäste, die wir in den letzten Jahren dabei hatten. Und noch immer freuen sich Jesper und ich auf jede neue Sendung. Die Aufregung, wenn Kerstin kurz vor 19 Uhr „Ruhe bitte“ sagt ist immer noch so groß, wie bei der ersten Show vor sechs Jahren.
Alle Sendungen findet ihr in unserer Playlist: